Rede zur 75-Jahr-Feier des Obst- und Gartenbauvereins Neudegger Siedlung

am 02. Juli 2011 von unserem Ehrenvorsitzenden Karl Dietrich.

 

Liebe Gartenfreunde,          

Liebe Siedler und Gäste

 

Unser Verein feiert heute, hier im Tanzhaus, sein 75-jähriges Bestehen.

Zahlreiche Besucher, Mitglieder und Freunde der "Siedler", wie unser Verein umgangssprachlich immer noch genannt wird, sind gekommen um mitzufeiern.

 

Ein herzliches Grüß Gott miteinander!

 

Bei so einem Anlass ist es wohl auch üblich etwas zurück zu schauen und mir wird nun diese Aufgabe zuteil. Ich werde also in etwa 15 Minuten eine Rückblende in die ersten 6 Jahrzehnte unseres Vereins versuchen.

Alles Neuere und Aktuelle wird unser Vorstand selber beleuchten.

1. Wie kam es zu diesem Verein?

Untrennbar verbunden ist unser Verein mit der "Neuen Siedlung" die "draußen im Neuried", wie es hieß, 1935 geplant und gebaut wurde. Die Stadt beauftragte ihren Stadtrat und späteren Bürgermeister Andreas Mayr damit. Nach schwierigen Grundstücksverhandlungen ging es dann rasch voran und so konnte schon am 28. September  1935 groß Hebauf gefeiert werden. Dieses Jubiläum haben wir im Herbst gefeiert. Eine Betrachtung hierzu liegt bei mir und beim Vorstand vor.

Wir wollen heute den Teil "Gartenbauverein" etwas beleuchten:

2. Die Anfänge des Vereins

Die 1. Siedlerversammlung fand, einberufen von Andreas Mayr, am 15. Juli 1935 statt, wie im Ratsprotokoll der Stadt festgehalten ist. Wann daraus "der Siedlerverein" wurde, ist nicht genau bekannt. Fest steht, dass die Heimstätten im 1. Halbjahr 1936 bezogen wurden und sich die Gleichgesinnten von Anfang an zusammen taten. So wurden viele Arbeiten wie z.B. die Anlage von Gärten, Zäune bauen, Anpflanzungen usw. in Gruppenarbeit gemeinsam geschafft, je nach Fähigkeit des Einzelnen.

Diesem "Siedlerverein", wie er anfangs genannt wurde, stand der Postsekretär Ludwig Kronthaler vor, ihm zur Seite als Kassier Anton Stempfle. Gemeinsam wurden Bäume, Beerensträucher und anderes Pflanzgut beschafft.

Die neue Siedlung, inszwischen mit dem Namen des Führers versehen, entwickelte sich zur Mustersiedlung in Bayern, wie die Zeitungen damals berichteten.

3. Die Kriegszeit

Viele Männer wurden an die Front eingezogen. Die Frauen mussten mit zum Teil vielen Kindern alleine zu Recht kommen. Gartenbewirtschaftung und Kleintierhaltung - die binden vorgeschrieben war - bestimmten den Alltag.

Der Verein wurde, wie andere auch, von der NS aufgelöst.

Die Bombardierungen der Stadt am 11. und 19. April 1945 trafen auch die Adolf-Hitler-Siedlung schwer. Es gab Tote und Schäden an vielen Häusern. Die Bahngleise standen "wie Zäune" hinter den Gärten, wird berichtet.

Nach Kriegsende, auf den Tag genau 10 Jahre nach der 1. Siedlerversammlung erfolgte die Umbenennung durch den Stadtrat in "Neudegger Siedlung" mit den heutigen Straßennamen.

4. Neugründung

Kriegsgefangene kehrten zurück, Heimatvertriebene und Flüchtlinge kamen dazu und Ludwig Kronthaler , ein guter Obstbaum-Kenner und Imker, begann wieder mit dem Verein.

So wurde am 22. Februar 1947 der Siedlerverein mit ca. 40 Mitgliedern "wiedergegründet". 1. Vorstand wurde jetzt Max Meier, sein Stellvertreter Michael Wetzstein.

Die Nutzung der Gärten war zur "Teilselbstversorgung" wie es in den Lebensmittelkarten hieß, nach wie vor sehr wichtig. Auf dem Gelände der heutigen Ludwig-Auer-Schule wurden von der Stadt Kleingärten angelegt. Viele Pächter hatten eine intensive Verbindung zum Verein.

Geräte, die der Verein beschaffte, z.B. Leitern, Spritzen oder Schlachtzeug, mussten privat untergebracht werden, bis am "Miehlingsbergele" an der heutigen Bahnunterführung  nach Riedlingen in den 50er Jahren ein Schuppen gebaut werden konnte.

Auch das gesellschaftliche Leben kam nach und nach wieder in Schwung.

5. Wechsel des Dachverbandes

1951 wurde für 2 Jahre Leonhard Hurle 1. Vorstand. Unter seiner Regie wechselte man den Dachverband vom Siedlerbund zum Obst- und Gartenbauverband.

6. Die Ära Josef Wiedemann

1953 wurde der Lokführer Josef Wiedemann Vorstand und blieb es bis 1967.

Der Obstbau stand jetzt hoch im Kurs. Ausgebildete Fachwarte hierfür waren zum Beispiel Karl Hausler und Ludwig Kronthaler.

Nach dem Bau des Geräteschuppens 1953 konnte das Angebot erweitert und z.B. auch Dünger und Spritzmittel gelagert werden. Wichtige Personen waren die Gerätewarte Max Roger und danach viele Jahre Georg Roger, der Rosenfreund.

Die Generalversammlung, jedes Jahr abgehalten, musste bei Josef Wiedemann immer recht zügig ablaufen, war doch danach jeweils Faschingsunterhaltung bis tief in die Nacht.

In dieser Zeit hatte der Verein rund 120 Mitglioeder .

7. Walter Meier wird 1967 Vorstand und bleibt es 21 Jahre!

Maria Gerstmayr ist 9 Jahre zweiter Vorsitzende danach Herbert Benischke.

In dieser Zeit bekam der Blumenschmuck am Haus und im Garten größere Bedeutung. Walters Spruch "In jedem Jahr ein Blumenkasten mehr" trug nach und nach Früchte.

Der Blumenschmuck in der Siedlung wurde sprichwörtlich. Dem dienten auch Wettbewerbe wie bereits 1968 "Unser Stadtteil soll schöner werden", die "Blumenolympiade" (1972) und ähnliche Prämierungen oder auch "offene Gartentüren".

Fachvorträge, Jahresausflüge und Wandertage waren fest im Programm. Die Jubiläen 40 Jahre und 50 Jahre Obst- und Gartenbauverein wurden groß begangen.

Als 1975 der 1. Gärtnertag  beim Reichsstraßenfest durchgeführt wurde, war unser Verein dabei und macht seitdem immer mit. Ebenso bei vielen Veranstaltungen des Kreisverbandes. Z.B. bei Ausstellungen oder 1979 bei der Schwäbischen Grünen Woche in Wemding, auf der unsere Anita Dietrich zur 1. Rosenkönigin des Kreisverbandes gewählt wurde.

Seit 1980 pflegt unser Verein die Partnerschaft mit den Perchtoldsdorfer Siedlern mit wechselnden gegenseitigen Besuchen. Desgleichen wurden wir Paten bei der Neugründung der Blumen und Gartenfreunde Parkstadt.

1987 führte man die Mitgliedschaft für Familienangehörige ein. Früher galt die Meinung "der Haushalt ist Mitglied", seither nur noch gemeldete Mitglieder. Deren Zahl stieg von 211 (1980) auf 320 (1987).

1987 übergab Walter Meier sein Amt an seinen langjährigen Schriftführer und blieb dem Verein als Ehrenvorsitzender verbunden, bis er 1995 starb.

8. Die Jugendgruppe

1975 startete der Verein auf Vorschlag von Kassier Adalbert Schnell den Versuch, eine Jugendgruppe zu gründen. Unter Günter Löffler war es zunächst eine lockere Gruppe bis dann 1979 unter Günter Dietrich und Robert Mieling feste Mitgliedschaften eingeführt wurden.

Damals war es die erste gemeldete Jugendgruppe beim Landesverband.

Sie hatte ihr eigenes Programm, stellte den Maibaum auf und organisierte ein Maifest.

Auch wurde begonnen einen Obstbaum für jedes Neugeborene in der Familie eines Mitglieds zu pflanzen. Einen Brauch, der inzwischen viele Nachahmer in anderen Vereinen gefunden hat. Aus dieser Gruppe kamen später Vorstandsmitglieder und mit Walter Portenhauser auch ein Vereinsvorsitzender.

9. 1988 bis 1994 war Karl Dietrich Vorstand, also ich

Zweiter Vorsitzender war weiterhin Herbert Benischke. Zunehmend änderte sich die Gartennutzung. Aus Nutzgärten wurden oft Ziergärten. Für die schadstofffreie Erzeugung von Obst- und Gemüse wurde jetzt geworben. Motto: "Aus dem Garten frisch auf den Tisch". Die Mitgliederzahl pendelte sich bei 340 ein. Wir waren damit zweitgrößter Verein im Kreisverband.

1990 errichtete die Stadt einen Brunnen, der mit einem Fest eingeweiht wurde. Hierzu kamen auch unsere Perchtoldsdorfer Freunde, die später eine Wiener Bank dazu stifteten. Sie nahmen auch einige Male beim Gärtnertag des Reichsstrassenfestes teil.

1992 musste wegen der Straßenverbreiterung nach Riedlingen unser Geräteschuppen weichen. Nach langer Platzsuche konnte - auch durch Entgegenkommen von Landrat Braun - ein Platz gefunden und unser jetziges Gerätehaus errichtet weden. Mit einem schönen Fest wurde es eingeweiht. Erster Gerätewart hier war Erich Lukas.

1994 übernahm Adolf Wenninger den Vorsitz, 2001 Walter Portenhauser und 2009 unser jetziger Vorstand Emil Baumgärtner. Er wird über diese Zeit selber berichten.

Zum Schluss:

Ich habe versucht einen Überblick von der Gründung des Vereins bis fast zum Ende des vorigen Jahrhunderts zu geben.

Am Schluss ist es mir ein Bedürfnis Allen, die in dieser langen Zeit und darüber hinaus den Verein getragen, geleitet oder unterstüzt haben, zu danken. Ob sie nun noch unter uns sind oder schon im Blumengarten Gottes, sie sind nicht vergessen.

Mein Dank gilt auch unserer jetzigen Vereinsleitung mit ihren Vorsitzenden Emil Baumgärtner und Petra Reiner. Es ist vielfach schwierig in der heutigen Zeit Jemanden für ein solches Ehrenamt zu finden. So bin ich aufrichtig froh, dass unsere junge Vereinsleitung jetzt so gut zusammenarbeitet! Ich wünsche dem Verein eine "blühende" Zukunft, bis zum nächsten Jubiläum.

Ihnen allen, meine Damen und Herren, danke ich jetzt für Ihre Aufmerksamkeit.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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